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D | 2018 | Dokumentarfim | ca. 97 Min. | TV Premiere: 17.12.18

In Koproduktion mit ZDF/3sat

Sprache Gebärdensprache, Deutsch mit dt UT | AD & SD verfügbar

Produktionsländer DEU, FRA, SP

Buch & Regie Susanne Bohlmann Produktion Christopher Hawkins Kamera Lars Filthaut, Anna Baranowski, Susanne Bohlmann

Verleih (international) ACL Creative Studio

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Story Der taubblinde Sven hat sich vorgenommen mit Hilfe seiner Assistentinnen den 800km langen Jakobsweg zu gehen. Er möchte es allen beweisen, doch schnell kommt Sven an seine körperlichen und psychischen Grenzen. Ein bitterer Kampf um Macht, Kontrolle und Selbstbestimmung beginnt…

Synopsis Sven hat einen Traum. Einmal im Leben will er den Camino de Santiago laufen - den Jakobsweg!

Doch dies scheint schier unmöglich, denn Sven hat das Usher-Syndrom, eine Krankheit bei der man l angs am se in Hör und Sehvermögen verliert. Er ist schwerhörig und seit 2010 vollkommen blind - seine Fernsinne fehlen. Kommunizieren kann er mit einem speziellen Hörgerät lautsprachlich, aber dieses unterscheidet die Geräusche nicht – sie strömen ungefiltert auf ihn ein und so ist es nur hilfreich, wenn Svens Umgebung absolut still ist. Hauptsächlich spricht er durch taktiles Gebärden mit den Händen. Dabei nimmt man seine Hände und formt Wörter und Buchstaben. Er ist immer auf die Hilfe seiner speziell ausgebildeten Assistenten angewiesen.
Seinen Assistenten muss Sven vollkommen vertrauen, denn obwohl er ihr „Chef“ ist, kann er seine Lage nicht einschätzen. Sie sind seine Augen und seine Ohren. Sie führen ihn, beschreiben seine Umgebung und übersetzen jede Kommunikation mit der Außenwelt für ihn. Es gibt nur ca. 50 ausgebildete Taubblinden- Assistenten in Deutschland.


Als Assistentin Almuth von Svens Traum erfährt, den Jakobsweg zu wandern, bietet sie ihm an ihn auf den
800 Kilometern zu begleiten. Sven kann es kaum glauben. Sofort macht er sich an die Vorbereitungen für
den Weg seines Lebens... Zwei Jahre lang plant er zusammen mit Almuth seine Reise. Sieben Assistentinnen
sollen sich abwechselnd um ihn kümmern. Mit manchen der Frauen hat er schon gearbeitet - andere kennt
er kaum.


Mitte April geht es endlich los. Doch schon nach ein paar Tagen in der fremden Umgebung beginnt Sven
sich aggressiv zu verhalten. Die Stimmung kippt. Filmemacherin Susanne Bohlmann begleitet die Gruppe
für sechs Wochen durch Spanien und dokumentiert den frustrierenden Kampf zwischen Sven und seinen
Begleiterinnen. Diese wollen helfen, werden aber von Sven attackiert und zurückgestoßen. Die Dämonen
seiner Vergangenheit und seiner Behinderung brechen aus ihm hervor und lassen die Reise für alle zu einem
Albtraum werden.


Auch Svens physischer Zustand verschlechtert sich. Seine Knie können dem ungewohnten Untergrund nicht
mehr standhalten. Sven muss ins Krankenhaus und seine Wanderung für mehrere Tage unterbrechen. Er fühlt
sich mehr und mehr eingesperrt und isoliert. Der Jakobsweg verschwindet unter seinen Füßen. Es zählen nur
noch die Kilometer und jeder Schritt ist eine Tortur. Nach und nach wechseln die Assistentinnen und fahren
mit dem Gefühl des Versagens und der Hilflosigkeit nach Hause. Svens Camino ist nicht im Entferntesten die
Heldenreise, die sich die Regisseurin erhofft hatte, dennoch gibt sie einen intimen Einblick in die Welt eines
Taubblinden und reflektiert unseren Wunsch nach Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung.

Svens Geschichte | Sven Fiedler wurde 1967 in Rottweil geboren und leidet seit seiner Geburt am Usher-Syndrom, einer angeborenen Schwerhörigkeit in Kombination mit einer Netzhautdegeneration, die unaufhaltsam fortschritt - bis zu seiner völligen Erblindung im Jahr 2010. Seitdem kann er seinen gelernten Beruf, technischer Zeichner, nicht mehr ausüben.

Sven:„Vor vielen, vielen Jahren als ich „nur“ sehbehindert war und Sendungen im Fernseher noch gut verfolgen konnte, sah ich eine Dokumentation über den Jakobsweg. Es war so interessant für mich und in mir keimte der Wunsch, mich auch auf den Jakobsweg aufzumachen. Allerdings habe ich aufgrund meiner Schwerhörigkeit nicht verstanden, wo dieser Jakobsweg ist. Die Landschaften, das Wetter, die Tiere, die ich sah und die englische Sprache im Hintergrund waren in meiner Vorstellung nicht mit Europa verknüpft. Ich stellte mir vor, dass er irgendwo in den USA oder in Kanada wäre. Somit blieb es ein Traum, den ich mir niemals erfüllen könnte und ist in Vergessenheit geraten.

Nachdem sich mein Sehvermögen im Jahr 2010 sehr schnell verschlechterte und ich Ende 2010 vollends erblindete, ging ich in das Taubblindenwerk nach Hannover und machte dort eine soziale Rehabilitation, die 14 Monate dauerte. Der Leiter dieser Rehamaßnahme hieß Herr Jacobs. Durch seinen Namen erinnerte ich mich wieder an meinen längst vergessenen Traum und erzählte ihm davon. Ich sagte auch, dass ich mir diesen Traum nie werde erfüllen können, weil dieser Weg in den USA oder in Kanada ist. Herr Jacobs erwiderte, dass der Jakobsweg nicht in Amerika ist, sondern hier in Europa, in Spanien. Ich war total sprachlos. Trotzdem blieb es nur Traum, den ich nicht in die Tat umsetzen kann, denn jetzt bin ich TAUBBLIND! Blind und hochgradig schwerhörig ... träum weiter!

Ende 2014 war ich mit anderen taubblinden Menschen bei einer einwöchigen Freizeit im Schwarzwald. Dort habe ich mich mit einem taubblinden Mann auch über Jakobsweg unterhalten. Kurz vor Weihnachten erzählte ich Almuth bei Kaffee und Kuchen von meinem Traum, auf dem Jakobsweg zu pilgern. Sie sagte zu mir: „Ich würde dich sehr gerne begleiten“. Wow, Gänsehautfeeling! Ich wusste gar nicht, was ich dazu sagen sollte. Darauf war ich nicht gefasst und konnte es auch nicht einordnen. War das möglich? Zu Weihnachten bekam ich von ihr mein erstes Hörbuch geschenkt. Hören ist anstrengend und ich selbst hätte mir nie eins gekauft. Es war das Hörbuch von Hape Kerkeling „Ich bin dann mal weg“. Dieses Hörbuch hatte ich dann zum ersten mal angehört. Es war nicht anstrengend, es war der Hammer! Ich habe es gleich sieben mal hintereinander angehört - ach was, ich habe die Ohren gespitzt, jedem Wort gelauscht, ich habe teilgenommen, ich bin mit Hape auf diesem Weg gewesen. Im Internet forschte ich nach dem Jakobsweg. Ich wollte alles erfahren über die Wege, die Berge und die Dauer des Wanderns.

Seit Februar 2015 sind Almuth und ich mit der Planung beschäftigt für das größte Projekt in meinem Leben: der Jakopbsweg. Sieben Taubblindenassistenten werden mich unterstützen und begleiten, sowohl während der Vorbereitungsphase als auch auf dem Weg, meinem Camino. Diese sieben kommen nicht alle gleichzeitig mit, sondern über den Zeitraum von sechs Wochen verteilt. Jeweils zwei Assistenten begleiten mich von frühmorgens bis spätabends. Mitte April 2017 wollen wir starten und zuerst mit dem Auto bis St. Jean Pied du Port in Frankreich fahren. Dort beginnt die Pilgerroute des Jakobswegs. Wir rechnen mit 42 Tagen Wanderzeit bis nach Santiago de Compostela.

Wenn dies nicht länger ein Traum ist, sondern ein Wunsch, der wahr wird, dann will ich auch andere daran teilhaben lassen. Hier denke ich vor allem an taubblinde Menschen. Vielleicht wird dies eine stille Demonstration, vielleicht gibt es ein öffentliches Interesse, vielleicht kann ich auf die Behinderung

„Taubblindheit“ aufmerksam machen, dann wird mein Traum auf alle Fälle wahr.“                     

Sven Fiedler/ 2016

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